PRESSEMITTEILUNG | 18.12.2023 | Berlin

„Es trifft inzwischen große wie kleine Häuser“

Nur in einem geordneten, finanzierten Prozess wird die Klinikreform zum Erfolgsprojekt

„Die Bilanz dieses Jahres für den Krankenhausbereich kann durchaus als erschütternd bezeichnet werden“, konstatiert Dr. Josef Düllings, Präsident des Verbandes der Krankenhausdirektoren Deutschlands (VKD). „Die Mehrzahl der Kliniken hat zu kämpfen, dem wirtschaftlichen Druck standzuhalten.  Insolvenzen, Krankenhaus- und Abteilungsschließungen, gescheiterte Rettungsversuche, Entlassungen, hohe Minusbeträge. Allein der November war voll von solchen Nachrichten. Es trifft inzwischen große wie kleine Häuser.  Aber nein – ein Krankenhaussterben in 2024 sieht Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach nicht. Es werde nur einige Häuser treffen.  Man arbeite sehr sorgfältig, versicherte er.“

Es befinden sich sehr viele Verordnungen und Gesetze in der Gesetzespipeline. Natürlich die Krankenhausreform, das Transparenzgesetz, die Verordnung für die neue Pflegepersonalbemessung, Digitalisierungsgesetz, das Cannabisgesetz natürlich – unbedingt notwendig, auch wenn u.a. Kinderärzte immer wieder warnen, und, und, und.  Viel Arbeit für das Bundesministerium, zumal auch regelmäßig Gegenwind aus der Praxis und den Verbänden der Praktiker kommt. Diese wurden ja schon einmal vom Minister als Lobbyisten stigmatisiert.

Immer wieder müssen wir als Verband der Praktiker im Krankenhausmanagement feststellen, dass Expertenwissen bei der Erarbeitung von Gesetzen und Verordnungen nicht oder erst sehr spät gefragt ist – mit allen möglichen Folgen auch in der späteren Praxis. Nachdem es nun seit einem Jahr bereits um die Krankenhausreform geht, sollen die Verbände erst im kommenden Jahr eingebunden werden. Das Transparenzgesetz, vom Bundesrat zum Glück erst einmal in den Vermittlungsausschuss verwiesen, soll ein funktionierendes und ausbaufähiges System der Qualitätstransparenz für die Bevölkerung neu aufsetzen und der Minister tut so, als gäbe es bisher keine Transparenz, was nicht den Tatsachen entspricht.

Einwände hatten die Bundesländer u.a. dagegen, dass mit dem Transparenzgesetz statt mehr Transparenz eher Verwirrung geschaffen würde, wenn die dort veröffentlichte Zuordnung zu Leistungsgruppen künftig nicht mit den Leistungsgruppenzuteilungen der Länder übereinstimmten, die es im Übrigen auch noch längst nicht gibt. Wenn der Bund seinerseits bis Oktober nächsten Jahres die Leistungsgruppen den Krankenhäusern vorläufig zuweise, um sie zu veröffentlichen, greife er den Ländern vor und damit in deren Planungshoheit ein.

Der VKD geht hier ebenso wie die Deutsche Krankenhausgesellschaft davon aus, dass mit dem Transparenzgesetz die Versorgung in der Fläche leiden würde, weil hochqualifizierte, aber kleine Krankenhäuser durch die geplante Einteilung in Level von den Patienten als weniger gut gesehen und damit in ihrer Existenz gefährdet würden. Hier beißt sich dann auch die Katze in den Schwanz, wenn es laut Bundesministerium darum gehen soll, dass Patienten in Zukunft nach größeren Eingriffen in einer Universitätsklinik in einem kleinen Krankenhaus weiter versorgt werden könnten, so dass die Betten in der Universitätsklinik schneller wieder verfügbar wären. Das wäre ortsnah und es werde Geld gespart. Davon abgesehen, dass dies in der Praxis bereits häufig erfolgt.

Unser Verband sieht grundsätzlich, dass mit dem Transparenzgesetz der zweite, eigentlich der dritte Schritt vor dem ersten gemacht wird. Die richtige Reihenfolge wäre aus Sicht des Krankenhausmanagements: zuerst ein Vorschaltgesetz zur Deckung der gestiegenen Energie-, Sach- und Personalkosten, dann die Reform, danach das Transparenzgesetz als Teil der Reform.

Jüngster Fall der Praxisferne ist der Referentenentwurf für eine Verordnung zur Personalbemessung in den Krankenhäusern, der Fristen für die Kliniken vorgeben soll, die weit entfernt von den Erfahrungen der Praxis festgelegt wurden. Warnungen wurden hier ebenfalls ignoriert. Man könnte diese Liste beliebig fortsetzen. Expertenwissen wird ignoriert. Alles nur Lobbyisten?

Auch beim Thema Finanzierung Ungereimtheiten und Baustellen

Einem Vorschaltgesetz zur zwingend notwendigen wirtschaftlichen Stabilisierung der Krankenhäuser hat der Bundesgesundheitsminister mit Verweis auf leere Kassen des Finanzministers schon mehrfach eine Absage erteilt und auf das Reformgesetz verwiesen, dass es dann schon richten werde. Dumm nur, dass sich dieses Gesetz immer weiter verzögert und auch dessen Umsetzung noch etliche Jahre brauchen wird. Bis dahin wird man angesichts der jetzt schon großen Versorgungslöcher vermutlich von einem flächendeckenden Versorgungsnetz überhaupt nicht mehr sprechen können. Nach dem Haushaltsurteil des Verfassungsgerichts und der Einigung des Bundeskabinetts auf den Haushalt 2024 sind hier die Messen hoffentlich noch nicht endgültig gesungen. Auch die Forderung der Klinikseite, die Landesbasisfallwerte auch rückwirkend an die Inflation anzupassen und für deren Festlegung künftig eine entsprechende Systematik zu schaffen, wird nur halbherzig reagiert. Danach sollen die Landesbasisfallwerte möglichst ab Juli 2024, spätestens ab Januar 2025 angepasst werden. Ziel sei, die Tarifsteigerungen der Beschäftigten künftig schneller und auch umfassend zu berücksichtigen, wofür die Berechnung der Landesbasisfallwerte per Gesetz angepasst werden soll. Die Tarife steigen übrigens bereits Anfang 2024. Rückwirkend passiert offenbar gar nichts.

Auch die Länder drängten den Bund, für die Krankenhäuser ein Soforthilfeprogramm für die Bewältigung der aktuellen und künftigen inflations- und tarifbedingten Kostensteigerungen aufzulegen. Vier Bundesländer brachten einen Entschließungsantrag ein, in dem sie u.a. fünf Milliarden Euro an Soforthilfen für die Kliniken forderten. Auch sie stießen weitgehend auf taube Ohren. Der Bund werde keine fünf Milliarden Euro an Steuermitteln zur Verfügung stellen, so der Bundesgesundheitsminister.

Was erwarten die Krankenhäuser 2024?

Natürlich geht nicht alles immer so schnell, wie in Berlin geplant. Mit der Krankenhausreform wird es in diesem Jahr offenbar nichts mehr. Bisher gab es nur Arbeitspapiere. Nun wollen Bund und Länder in der zweiten Januarwoche 2024 mit einer neuen gemeinsamen Runde beginnen, aus der dann ein Referentenentwurf hervorgehen soll, der in das parlamentarische Gesetzgebungsverfahren starten kann. So der Plan. Ob die bisher unzufriedenen Länder mitziehen oder ob es erneut eine unerwartete Volte aus dem Ministerium gibt – Stichwort Transparenzgesetz – wird man sehen.

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft befürchtet, dass es ohne schnelle finanzielle Hilfen im nächsten Jahr bis zu 80 Insolvenzen geben wird. Hinzu kämen sicher viele Standort- und Abteilungsschließungen. „Wir als Verband der Krankenhausmanager erwarten, dass die Politiker in Bund und Ländern dies nicht sehenden Auges zulassen werden, dass sie der Bevölkerung angesichts der vielen Krisen, die inzwischen zu bewältigen sind und die viele Menschen verunsichern, nicht auch noch eine dann derart lückenhafte und sich verschlechternde Gesundheitsversorgung zumuten werden“, so der VKD-Präsident.

Nur ein geordneter und finanzierter Prozess in Richtung Krankenhausreform wird diese am Ende zu einem Erfolgsprojekt für die Gesundheitsversorgung machen. Krankenhäuser aller Größenordnungen sind dafür notwendig, um die angestrebten Kooperationen, Fusionen und andere strukturverändernde und neugestaltende Herausforderungen zu bewältigen. Dieser Prozess hin zu einer zukunftssichernden Patientenversorgung darf zudem nicht nur mit Blick auf die Krankenhäuser gestaltet werden, sondern muss alle anderen Beteiligten abgestimmt sektorenübergreifend mit einbeziehen. Ein Irrtum, wer glaubt, dass ein solches komplexes Vorhaben nur zentral geplant und gesteuert werden könnte. Wir stehen hier alle gemeinsam vor einer riesigen Aufgabe.

 

PRESSEKONTAKT


Dr. Josef Duellings, VKD-Praesident

Dr. Josef Düllings
VKD-Präsident

 


Dr. Falko Milski Pressesprecher

Dr. Falko Milski
Pressesprecher


Dr. Jens-Uwe Schreck, Geschaeftsfuehrer des VKD

Dr. Jens-Uwe Schreck
Geschäftsführer

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