PRESSEMITTEILUNG | 23.06.2025 | Berlin
Krise als mögliche Chance – doch viele Unsicherheiten sind bisher nicht ausgeräumt
Euphorie war nicht unbedingt der Gefühlszustand, in dem sich die rund 140 Teilnehmer der Jahrestagung des Verbandes der Krankenhausdirektoren Deutschlands heute versammelten. Eher ist es eine Art skeptischer Zukunftsmut, der die 67. Jahrestagung des VKD prägt, die heute und morgen in Berlin-Köpenick stattfindet.
Die Krankenhäuser, Management und Personal kämpfen sich aktuell durch eine wirtschaftliche Krise, wie sie die Branche noch nie erlebt hat. Gleichzeitig scheint die Richtung der Krankenhausversorgung durch die im vergangenen Jahr beschlossene Krankenhausreform vorgegeben. Kann man sich aus dieser Krise heraus zukunftsfähig neu aufstellen? „Krise als Chance – die Transformation der Kliniken“ ist das Motto der Tagung. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer diskutieren mit Politikern, Experten und natürlich miteinander darüber, wie das gelingen könnte.
VKD-Präsident Dirk Köcher, der die Tagung eröffnete, beschrieb kurz die Situation der Krankenhäuser in Deutschland mit Blick auf die begonnene Umsetzung des KHVVG. „Seit ihrem in Kraft treten im Dezember 2024 kommt die Krankenhausreform mit jedem Tag immer mehr in der Realität an und es wird deutlich, was passiert, wenn ein Gesetz mit dieser enormen inhaltlichen Bedeutung ohne wirkliche Einbindung der Praktiker durch den Gesetzgeber durchgedrückt wird. Für uns alle ist dabei ein wesentlicher Faktor die Unsicherheit darüber, wie dieser Weg der Veränderung konkret gestaltet wird. Bereits heute nicht einhaltbare Zeitschienen, fehlende rechtliche Grundlagen sowie resultierende Unklarheiten in der Umsetzung verhindern vielfach, sich strategisch mit seinen Leistungen an neue Notwendigkeiten anzupassen“, erklärte er. „Wir erwarten deshalb von der neuen Bundesregierung und unserer neuen Bundesgesundheitsministerin kurzfristige Anpassungen, bevor die Schäden noch größer werden“, so seine Forderung.
Für die Krankenhäuser seien dabei die im Koalitionsvertrag in Aussicht gestellten Anpassung verschiedener Regelungen der Krankenhausreform sowie der finanzielle Ausgleich der Kosten-Erlös-Lücke für die Jahre 2022 und 2023 von höchster Relevanz. Als ein erster Lichtblick ist daher vom VKD-Präsidenten als auch von Teilnehmern der Konferenz die Ankündigung von Soforthilfen in Höhe von vier Milliarden Euro durch Bundesgesundheitsministerin Nina Warken in der Gesundheitsministerkonferenz am 11. und 12. Juni 2025 in Weimar gewertet worden.
Diese sollen offenbar anteilig noch in einer ersten Tranche 2025 ausgezahlt werden, eine zweite Tranche dann in 2026. „Dies wäre eine wichtige, allerdings nur kurzfristige Unterstützung der Kliniken, denn mit der weiteren Umsetzung des KHVVG und vor allem der noch gültigen Vorhaltefinanzierung würde ab 2027 die Finanzierung wieder auf das aktuell zu niedrige Grundniveau zurückgesetzt“, kommentierte Dirk Köcher.
Einbindung der Praktiker für sinnvolle Lösungen notwendig
„Es gibt in dieser Lage durchaus Chancen, aber dafür brauchen wir einen sicheren Rahmen, also Planungssicherheit“ betonte der VKD-Präsident. „Die haben wir seit einigen Jahren nicht mehr. Zuerst hatte uns Corona für mehrere Jahre im Griff und danach ein Bundesgesundheitsminister, der die wirtschaftlich schwierige Situation der Kliniken bewusst verschärfte, um seine Gesetze mit wenig Einbindung der Praktiker durchzusetzen. Die Folgen dieser verfehlten Politik, die sowohl große Kliniken als auch viele kleine Häuser in der Fläche betrifft, führen zu einer ungeplanten Ausdünnung der Versorgung. Wir als VKD und alle unsere Mitglieder in ihren verschiedenen Aufgaben in ganz Deutschland stehen aber gerade jetzt in dieser schwierigen Situation dazu bereit, mit der Politik und der Selbstverwaltung zusammen sinnvolle und umsetzbare Lösungen voranzutreiben.“
Vielfach noch Anpassungen notwendig
Wie kann die aktuelle Krise auch als Chance genutzt werden, sich als Krankenhaus, als ganze Branche, neu aufzustellen? Kann nach dem bekannten Motto „Never waste a good krisis“ eine schwierige Lage auch als Katalysator für positive Veränderungen genutzt werden, die man sonst nicht in Angriff nehmen würde? Also als Chance? VKD-Pressesprecher Andreas Tyzak, der die Konferenz und auch die Podiumsdiskussion des ersten Tages moderierte, startete damit in die Diskussion mit Vertretern aus Politik und Verbänden. Hier wies Dirk Köcher darauf hin, dass noch wichtige Rechtsverordnungen bzw. das aktuell angekündigte neue Gesetz fehlten. Gleichzeitig zeigte sich in der Diskussion die Schwierigkeit, einen Ausgleich zu erzielen zwischen den angestoßenen Strukturreformen einerseits und dem zunehmenden Druck in Bezug auf etwaige Kriegsereignisse in Europa, die Leistungsfähigkeit von Krankenhäusern zu steigern bzw. auch in Notzeiten zu festigen. Ein schwieriges Thema, das in der Runde diskutiert wurde, waren die Hybrid-DRGs, die massiv ausgeweitet werden sollen – im kommenden Jahr auf eine Million Fälle, in 2028 auf 1,5 Millionen und ab 2030 dann auf zwei Millionen Fälle. Das bedeute erhebliche Erlösreduktionen, die sich verschärfen, wenn zudem auch noch bis 2030 die Vergütungen dafür auf ambulantes Niveau abgesenkt werden sollen.
„Was auf der einen Seite des KHVVG finanzielle Verbesserungen bringen soll, wird durch die Vorgaben für die Hybrid-DRGs wieder einkassiert – und dies in erheblichem Maße“, so der VKD-Präsident. Es gebe hier keine Freiwilligkeit und durch die Ausweitung auf z.B. mehr Tagesfälle würden Hybrid-DRGs aufgenommen, die im ambulanten Bereich gar kein Gegenstück und dementsprechend auch keine Kalkulationsbasis hätten.“
Auch in den Pausendiskussionen später war die vorherrschende Meinung der Teilnehmer, dass Maßstab für die Vergütung der Krankenhäuser aus Sicht des VKD nicht der einseitige Blick auf die deutlich weniger aufwändigen Qualitäts- und Strukturvorgaben der Vertragsärzte sein dürfe.
„Bei zwei Millionen Fällen sprechen wir von etwa 12 Prozent aller stationären Fälle. Wenn es hier neben der bereits bestehenden Erlöslücke zu einer weiteren drastischen Abwertung der Vergütung kommt, führt dies nur zu noch mehr Wegfall an Versorgung in der Fläche. Hier haben wir nur die Hoffnung, dass die ersten Initiativen zur Veränderung der Regelungen zu den Hybrid-DRGs relevante Anpassungen bringen.“ erklärte der VKD-Präsident.
Vertieft wird dieses brisante Thema mit den bereits gemachten Erfahrungen mit Hybrid-DRGs aus der Praxis am morgigen zweiten Konferenztag. Beim Thema Ambulantisierung geht es dann auch um neue Strategien.
108. Mitgliederversammlung
Im Anschluss an den ersten Konferenztag findet die 108. Mitgliederversammlung des VKD statt. In ihrem Rahmen werden als verdienstvolle Mitglieder des Verbandes auf Vorschlag ihrer Landesgruppen Peter Asché, Dr. Josef Düllings, Angela Krug, Dr. Falko Milski und Dr. Günter Merschbächer zu Ehrenmitgliedern ernannt (in alphabetischer Reihenfolge).
Foto: Eröffnung der Jahrestagung, am Pult VKD-Präsident Dirk Köcher